Dieser Leitfaden soll einen ausführlichen Überblick von der Bekanntgabe der Note bis ggf. zu einem Urteil des Verwaltungsgerichts bieten.

1.)    Notenbekanntgabe

Die Bekanntgabe der Note erfolgt grds. per Post und ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Es handelt sich hierbei um einen Verwaltungsakt.

Es ist dringend zu empfehlen, zunächst Akteneinsicht beim Prüfungsamt zu nehmen und bestenfalls Kopien der Randbemerkungen und des Votums anzufertigen, sofern das Prüfungsamt dies erlaubt. Auch hier ist bereits die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts möglich und empfehlenswert, welcher sich um die Akteneinsicht kümmert. Diese bekommt in der Regel entweder die Originalakte oder eine vollständige Kopie der Prüfungsakte.

Wurde die Prüfung insgesamt oder ein Teil der Prüfung wie z.B. eine oder mehrere Klausuren nicht bestanden oder besteht ein Notenverbesserungswunsch, so ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch einzulegen.

Beim Widerspruch gilt: Je ausführlicher und besser Sie argumentieren, weshalb der Korrektor Fehler gemacht hat oder ihre Leistung eine bessere Benotung verdient, umso erfolgsversprechender ist ihr Anliegen. Da hierbei jedoch viel Fingerspitzengefühl nötig ist und ein solides Fachwissen, empfiehlt es sich, einen neutralen und objektiven Dritten einzuschalten. Unsere Anwälte sind bestens darauf geschult, Fehler aufzuspüren oder Argumente für eine bessere Bewertung zu entwickeln. Gerade bei wichtigen Abschlussprüfungen wie dem Staatsexamen fühlt man sich als Prüfungskandidat oft regelrecht erschlagen und emotional aufgeladen – dies sollten Sie den Korrektor keinesfalls spüren lassen! Beachten Sie, dass kaum jemand gerne Kritik an seinem Votum hört und sich ggf. Fehler eingesteht. Daher kommt es bei der Begründung des Widerspruchs darauf an, sachlich zu bleiben, eigene Stärken hervorzuheben und den Korrektor achtsam auf sein „Malheur“ hinzuweisen. Holen Sie sich gern Hilfe bei der Formulierung und beim Auffinden von Unzulänglichkeiten des Prüfers.

2.)    Überdenkungsverfahren

Nachdem der begründete Widerspruch eingegangen ist, beginnt eine Besonderheit im Prüfungsrecht – das Überdenkungsverfahren. Dieses ist unselbständiger Teil des Widerspruchsverfahrens, in dem sich die jeweiligen Prüfer mit der Stellungnahme des Prüflings befassen und ihre Bewertung noch einmal überdenken. Der Korrektor kann nun auf zweierlei Weise reagieren: Er vergibt entweder die gewünschte höhere Note oder er bleibt bei seinem ursprünglichen Votum bzw. sieht zwar kleinere Fehler ein, bleibt aber bei seiner Benotung.

Passt der Prüfer seine Note nicht an, so können Sie als Prüfling wiederum wie folgt verfahren: Das Verfahren kann für erledigt erklärt werden oder man bleibt bei seinem Widerspruch.

3.)    Widerspruchsverfahren

Wird das Verfahren nicht für erledigt erklärt, befasst sich nun das Prüfungsamt mit den Einwendungen des Prüflings. Hält es die Argumentation in der Widerspruchsbegründung für schlüssig und die Einwände somit für gerechtfertigt, so erfolgt eine Neubewertung. Diese kann zwar mit einer besseren Bewertung erfolgen, aber auch das Aufrechterhalten der anfänglichen Note ist möglich. Dagegen kann dann geklagt werden.

Hält das Prüfungsamt die Einwände des Prüflings für unberechtigt, so ergeht ein negativer Widerspruchsbescheid, wogegen geklagt werden kann.

4.)    Klage => Gerichtsverfahren

Vorab ist zu sagen, dass es vom gerügten Fehler abhängt, inwieweit das Gericht eine Überprüfung vornimmt und in welchem Umfang es rechtliche Erwägungen anstellt.

Bei sog. „Verfahrensfehlern“ wie z.B. Befangenheit des Prüfers oder auch unerträgliche Prüfungszustände durch (Bau-)Lärm ist dringend darauf hinzuweisen, dass das Gericht diese Umstände nachträglich nicht mehr untersucht. Daher bedarf es stets einer unverzüglichen Rüge des Prüflings, welche z.B. bei der Klausuraufsicht protokolliert werden muss. Ein nachträgliches Verweisen auf missliche Prüfungsumstände wird das Gericht daher ohne Vermerk im Protokoll nicht mehr beachten.

Andererseits gibt es noch „Beurteilungsfehler“. Hier differenziert das Gericht danach, ob sog. „fachwissenschaftliche Fehler“ vorliegen oder die Prüfung an sich angefochten wird.

Zu fachwissenschaftlichen Fehlern zählen etwa Willkür, sachfremde Erwägungen, die Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe oder das Zugrundelegen eines unrichtigen Sachverhalts. Hier besteht volle gerichtliche Kontrolle! So setzt sich das Gericht etwa auch mit der Frage auseinander, ob die gegebenen Antworten des Prüflings richtig bzw. (noch) vertretbar sind oder nicht. Es kommt nicht selten vor, dass Prüfer eine Antwort nicht werten, bloß weil das richtige Schlagwort fehlt. Hat der Prüfling aber ansonsten schlüssig argumentiert, darf die Aufgabe trotz fehlender Nennung des Stichworts nicht als falsch bewertet werden.

Liegen weder Verfahrens- noch fachwissenschaftliche Fehler vor, so bleibt nur die Anfechtung der Prüfung an sich. So können etwa polemische oder gar aggressive bzw. deutlich unangebrachte Randbemerkungen des Korrektors Beurteilungsfehler darstellen. Zudem ist von einem Fehler auszugehen, wenn kein Erwartungshorizont beschrieben wird und der Prüfling daher nicht weiß, was von ihm verlangt wurde und inwiefern er daher vom durchschnittlichen Bearbeiter abweicht. Ferner kann gerügt werden, dass z.B. der Zweitvotant dem Erstvotum „in allen Punkten Recht gibt“, aber dennoch ohne nähere Begründung eine negativere Bewertung vergibt. Eine Abweichung zwischen Erst- und Zweitkorrektor ist grds. möglich, aber stets mit Begründungsaufwand verbunden. Dieser Aufwand muss vor allem dann betrieben werden, wenn laut Erstgutachten die Prüfung als „bestanden“ gilt, nach der Meinung des Zweitprüfers aber ein „nicht bestanden“ zu vergeben ist.

Hinsichtlich der letztgenannten Anfechtung der Prüfung als solche hat das Gericht nur eingeschränktes Ermessen. Das bedeutet, dass es sich nicht die kompletten Klausuren anschaut oder gar alle Prüfungsleistungen im jeweiligen Durchgang, sondern nur prüft, ob Bewertungsfehler vorliegen.

5.)    Die gerichtliche Entscheidung

Werden die gerügten Fehler anerkannt, so erfolgt per Gerichtsentscheidung oder Vergleich eine Neubewertung der Aufsichtsarbeit.

Bleibt die Klage erfolglos, so bleibt die Ursprungsnote bestehen.

Oft wird gefragt, ob eine Verschlechterung der Note möglich ist, wovor naturgemäß die Prüflinge oft am meisten Angst haben. Grds. ist die sog. „Verböserung“ möglich, in der Praxis ist dies aber so gut wie ausgeschlossen, sodass die Befürchtung, nach einer Prüfungsanfechtung stünde man schlechter als vorher, so gut wie immer unbegründet ist.

Für alle Fragen rund ums Prüfungsrecht stehen Ihnen die Anwälte von SCHLÖMER & SPERL Rechtsanwälte bundesweit gerne zur Verfügung.